Mein Herz schlägt voller Freude, wenn ich auf die letzten Wochen und Monate und Jahre zurückblicke. Vor vielen Jahren habe ich mich auf den Weg gemacht, um das im Lehramtsstudium erfahrene Wissen aktiv für Kinder und Jugendliche in Schulen umzusetzen.
Nun bin ich im fünften Jahr an der Schule für freie Entfaltung im Tempelhof tätig, seit zwei Jahren im Leitungsteam. Unsere Schule ist eine von über 150 Reformschulen, welche sich seit über 20 Jahren auf den Weg gemacht haben, selbstbestimmte Bildung anzubieten, an der Entwicklung des Kindes orientiert und gehirngerecht.
Doch wie lassen sich diese Prinzipien mit den Anforderungen von heute und morgen umsetzen? Unsere Welt und die technologische Entwicklung werden immer schneller und gleichzeitig entwickelt sich ein bewussterer Umgang mit unserem Planeten, uns Menschen, Tieren und Pflanzen.
Unter anderem diesen Fragen widmete sich das Schulteam vier Tage lang nach Ostern in einem Schulentwicklungsprozess. Man sieht – wir haben intensiv gearbeitet. Und hatten gleichzeitig eine Menge Freude.

Wie nimmt unser Schulalltag die gesellschaftlichen Entwicklungen auf?
Über eine erneute, vertiefte Auseinandersetzung mit den pädagogischen Grundlagen „Lernen von Innen“ und den Entwicklungsetappen von Kindern und Jugendlichen erarbeiteten wir gemeinsam eine Ausrichtung für die kommenden Jahre, immer die fundamentalen Veränderungen unserer heutigen Gesellschaft im Blick.
Unsere Ausrichtung ruht auf vier Säulen. Wie wir darin den Entwicklungen dieser Zeit erwidern und welche Umsetzung unsere Antworten im Schulalltag finden, werden wir in den folgenden Wochen im Detail ausarbeiten.

Die vier Säulen
1.Weiterhin werden unsere Grundlagen „Lernen von der Welt des Kindes aus in einer reichhaltigen vorbereiteten Umgebung in Beziehung zu anderen Menschen“ die Basis bilden. Ohne zu wissen, wie die Welt in einigen Jahren aussieht und welche Kompetenzen unsere jungen Menschen brauchen werden, legen wir neben fachlichen Kompetenzen weiterhin einen Schwerpunkt auf personale und soziale Kompetenzen, unterstützt von Montessori Materialien, den individuellen Lernwegen folgend und mittels Einsatz digitaler Medien.
2. Zu „KI und Beziehung“ haben wir festgelegt, dass es für eine Beziehungsfähigkeit, für Kommunikation und für den eigenen Selbstwert grundlegend ist, dass Menschen sich ausdrücken können. Damit meinen wir, dass der Selbstausdruck in vielfältiger Form vorkommt und gestärkt wird: die eigene innere Stimme und sich in Beziehungen auszudrücken, z.B. über Schreiben, Handwerk, in der Natur, in Präsentationen, Tanz, Theater und Musik.
3. Eine Stärkung erfährt die Grundlage unseres Konzepts „Schule im Dorf“. Ganz selbstverständlich lernen unsere Schüler*innen in Kreisen alle Stimmen zu hören und gemeinsam Entscheidungen zu treffen. Durch das jahrgangsübergreifende und inklusive Miteinander entwickeln sie wie von selbst Kompetenzen wie Rücksichtnahme, Fürsorge, Zuhören und aufeinander abstimmen und somit eine Grundlage für ein demokratisches Miteinander, wie es auch in der aktuellen Bildungsreform in Baden-Württemberg einen Schwerpunkt bekommt. Ein „Wir“ zu erleben, gehört zum Schulalltag.
Daneben bietet die Schule im Dorf und um das Dorf herum vielfältige Erfahrungsräume, von Naturerfahrungen im Wald und am Bach bis zu vielfältigen beruflichen Einblicken in Landwirtschaft, in kleinere und größere Betriebe wie Gastronomie, Holz- und Metallverarbeitung, Maschinenbau, Elektrotechnik, Grafik und Design und Weiteres, so dass unsere Schüler*innen erste Kontakte in die Berufswelt schon früh knüpfen und Ideen entwickeln können, was nach der Schule kommen kann.
4. Eine weitere Säule ist die Schule als Lebens-und Abenteuerschule. Gerade im Zeitalter der Digitalität sind unmittelbare Erfahrungen unverzichtbar. Uns ist wichtig, dass Schüler*innen praktische Herausforderungen erleben, eigene Projekte umsetzen, Schülerfirmen gründen und vieles mehr. Neben den Dingen, die davon schon in unserem Alltag verankert sind, wie Waldwochen, Schulgarten, Stufenfahrten und Schulcamps, Theater, Schülercafé und Fahrradwerkstatt werden wir hier gemeinsam noch weitere Schwerpunkte setzen.
Wandel der Bildungslandschaft
Mit diesen Entwicklungen sind wir nicht alleine in der Bildungslandschaft.
Der Wandel in der Bildungslandschaft geht vom selbstbestimmten und erlebten Lernen aus. Dies ist die verbindende Überzeugung der Schulentwickler*innen und Bildungsveränder*innen aus rund 80 Bildungseinrichtungen und Universitäten, die sich kürzlich beim Netzwerktreffen des Institutes für Schmetterlingspädagogik an die Alamannenschule Wutöschingen getroffen hatten. Ich habe daran zusammen mit einem Lernbegleiterkollegen teilgenommen.
Wir freuen uns, Teil dieses Wandels zu sein und auch weitere Netzwerke zu erschaffen, um möglichst viele junge Menschen gut auf die Zukunft vorbereiten zu können. Wir werden noch gesondert Schulen, Hochschulen und Unternehmen einladen, diese Entwicklung zusammen mit uns voranzubringen. Wer daran Interesse hat, kann gerne auch über unser Schulbüro Kontakt aufnehmen.
Von Maike Brendle